Im Dunkeln essen. Das klingt im ersten Moment befremdlich. Aber es ist schon eine ganz besondere Erfahrung, die jeder mal gemacht haben sollte. Nach der Menüwahl wird man per Polonaise durch eine Schleuse an seinen Tisch geführt (allerdings ohne Musik – und das ist auch gut so!) und sieht in dem Raum absolut nichts. Ahah, wir haben auch Tischnachbarn. Der erste Eindruck: der ausgeblendete Sehsinn wird durch Lautstärke wett gemacht. Irgendwie erscheint es in dem Raum lauter, als in einem hellen Restaurant. Oder ist das nur eine Folge des temporär unterdrückten Sehsinnes?
Wie dem auch sei. Sehr gewöhnungsbedürftig ist das Essen mit Besteck: vorweg gab es eine Suppe, die man selbst auslöffeln durfte. Das gestaltete sich vergleichsweise einfach: mit den Fingern den Rand der Tasse abtasten und dann wusste man, wo man den Löffel reintun musste. Lecker. Das musste eine Tomatensuppe gewesen sein. Mit Pinienkernen.
Danach wurde ein Salat serviert, aber: wo hatte ich denn das Getränk abgestellt? Tast, tast, ah! Da ist es. War das gerade nicht noch etwas voller? Komisch. Egal, da versuchen wir mal den Salat in gewohnter Weise mit Gabel und Messer zu essen. Äh, weg mit dem Messer, man kann eh nicht fühlen, ob was auf die Gabel geschoben wurde. Also die gute alte Gabel-Finger-Technik. Mit den Fingern ertasten und die Gabel drunter schieben. Klappt doch gut! Juhu, geschafft. Fertig aufgegessen. Da kommt auch schon der Dennis. Der will abräumen. Aber was ist das? Ooops, hinter dem Teller liegt noch ein Salatblatt. Schnell in den Mund damit, bevor das noch einer sieht. In ähnlicher Manier ging es dann beim Nachtisch zu.
Alles in allem war es eine sehr beeindruckende Erfahrung, insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, bislang immer den Sehsinn für die Nahrungszufhuhr verwendet zu haben. Die anderen Sinne versuchen durch erhöhte Sensibilisierung den temporär ausgeschalteten bestmöglich zu vertreten. Und das ist ultraspannend.
Für die Kellner ist dies übrigens Alltag.